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Brustkrebs-Kampagne FlyPink: Im Gespräch mit Prof. Dr. Tanja Fehm

FlyPink // Condor Redaktion // 26. September 2023

Condor unterstützt jedes Jahr die globale Brustkrebs-Kampagne FlyPink. Im Brustkrebsmonat Oktober haben Crewmitglieder auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, FlyPink-Accessoires zu erwerben und diese im Dienst an der Uniform zu tragen. Doch was ist Brustkrebs eigentlich für eine Erkrankung und wie kann ich mich präventiv verhalten, um einer Erkrankung vorzubeugen? Ein Interview mit Prof. Dr. Tanja Fehm, Leiterin der Frauenklinik des Universitätsklinikums Düsseldorf.

Wie viele Männer und Frauen erkranken jährlich an Brustkrebs?

Die Erkrankungen werden dem Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet und sind dort auch einsehbar: Jährlich verzeichnet das RKI etwa 70.000 Neuerkrankungen. Damit handelt es sich bei Brustkrebs um die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Das RKI erfasst aber auch etwa 600 bis 700 Fälle pro Jahr bei Männern.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird Brustkrebs fast immer mit weiblichen Betroffenen in Verbindung gebracht. Kann ich als Mann überhaupt erkranken?

Ja! Es gibt mittlerweile sogar Selbsthilfegruppen für Männer. Erfahrungsgemäß herrscht aber eine gewisse Verunsicherung bei Männern, dem Thema Brustkrebs gegenüber: Möglicherweise stellen sie eine Veränderung oder einen Knoten an der Brust fest, bringen diese Symptome aber nicht mit Brustkrebs in Verbindung – die Empfindung geht dann eher in Richtung „Hautreizung“, daher negieren viele Betroffene das Thema erst einmal. Aber auch, wenn medizinischer Rat gesucht wird, stellen sich viele die Folgefrage: Wo gehe ich als Mann mit meinen Beschwerden eigentlich hin? Die Antwort ist allerdings recht einfach: Auch Männer können mit dem Verdacht auf Brustkrebs zum Frauenarzt gehen. Aber natürlich ist auch ein Gang zum Haus- oder Hautarzt möglich. Leider gehen Männer mit einer Brustkrebserkrankung tendenziell eher später zum Arzt. Aus diesen Gründen ist die Erkrankung dann auch häufiger fortgeschritten, die Lymphdrüsen sind befallen oder Metastasen treten auf.

Daher ist es wichtig, gerade jetzt im Brustkrebsmonat Oktober, sowohl Frauen als auch Männer zu sensibilisieren, da eine Erkrankung bei beiden Geschlechtern möglich ist.

Stichwort „Prävention“: Wie kann ich mich verhalten, um einer Erkrankung vorzubeugen?

Krebsprävention grundsätzlich ist durch eine gesunde Lebensweise möglich. Darunter wird auch die Vermeidung von Tabak- und Alkoholkonsum verstanden. Ein entsprechender Konsum kann auch die Entstehung von Brustkrebs begünstigen – insbesondere bei jungen Frauen ist Rauchen ein erheblicher Risikofaktor, weil sich die Brustdrüsen noch entwickeln.

Studien legen nahe, dass bestimmte Ernährungsweisen für das Brustkrebsrisiko verantwortlich sein können, oder auch bestimmte Umweltfaktoren, die nicht ganz klar gefasst werden können.

Es wird außerdem davon ausgegangen, dass eine gesunde Lebensweise, zu der Obst, Gemüse, wenig Süßigkeiten, eher wenig Fleischkonsum und viele ungesättigte Fettsäuren gehören, zu einer Reduktion des Brustkrebsrisikos beitragen kann.

Stressreduktion ist ein weiterer wichtiger Faktor im Kontext einer gesunden Lebensweise. Ganz wichtig ist außerdem eine ausreichende körperliche Bewegung – diese kann nicht nur das Risiko für eine Erkrankung senken, sondern auch wenn man erkrankt ist, kann dadurch deutlich das Rückfallrisiko gesenkt werden. Dabei langt beispielsweise Walking als adäquate sportliche Betätigung aus.

Ebenfalls wichtig zu kennen ist die Möglichkeit der Früherkennung im Rahmen des Mammografie-Screenings, das für alle Frauen zwischen 50. und 69. Lebensjahr zugänglich ist. Ziel ist, die Vorstufe einer Brustkrebserkrankung (Carcinoma in situ) zu erkennen, die sehr gut behandelbar ist. Sollte es doch bereits zu einer Erkrankung im frühen Stadium gekommen sein, ist die Chance auf vollständige Heilung ebenfalls hoch. Es wird davon ausgegangen, dass eine Brustkrebserkennung im sehr frühen Zustand zu Überlebensraten von weit über 95 Prozent führt.

Auch eine familiäre Vorbelastung mit Brust- oder Eierstockkrebs durch ein verändertes Gen kann zu einem erblichen Brust- und Eierstockkrebs führen. Sollte diese Vorbelastung bestehen, ist es ratsam, sich in ein Zentrum für erblichen Brust- und Eierstockkrebs überweisen zu lassen und einen Bluttest zu machen. Dieser zeigt an, ob ein erhöhtes Erkrankungsrisiko vorliegt. Es besteht außerdem unter Umständen die Möglichkeit, prophylaktische Operationen durchzuführen und dabei Eierstöcke oder Brustdrüsengewebe entfernen zu lassen. Aber auch, wenn sich gegen einen solchen Eingriff entschieden wird, gibt es die Möglichkeit einer intensivierten Früherkennung, die mit einem engmaschigen Monitoring einhergeht, um möglicherweise entstehende Erkrankungen frühzeitig zu erkennen.

Unabhängig davon sollte jede Frau und jeder Mann einmal pro Monat beim Duschen das Brustdrüsengewebe und zusätzlich die Achsellymphknoten abtasten und kontrollieren, ob Veränderungen ertastet werden. Im Zweifelsfall sollte dann der Frauenarzt aufgesucht werden, um Veränderungen abklären zu lassen – ganz wichtig ist auch an dieser Stelle noch einmal zu erwähnen, dass auch Männer sich an Frauenärzte oder sogenannte Brustzentren wenden können, um Veränderungen abzuklären.

Für Frauen wird außerdem eine jährliche Früherkennungs-Untersuchung ab dem 20. Lebensjahr – in der Regel von Frauenärzten – angeboten. In diesem Rahmen findet ab dem 30. Lebensjahr auch eine Tastuntersuchung statt.

In welchem Alter sind die meisten Brustkrebsfälle zu verzeichnen?

Mit zunehmendem Alter tritt das Mammakarzinom häufiger auf. Auf Basis der aktuellen Inzidenzraten erkrankt etwa eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Das Mammografie-Screening findet zwischen den 50. und 69. Lebensjahr statt, da in dieser Altersspanne der größte Nutzen für Frauen besteht. Denn: Mit geringerem Alter ist das Risiko deutlich geringer, an Brustkrebs zu erkranken. Außerdem wird Brustdrüsengewebe mit zunehmendem Alter durch Fettgewebe ersetzt. Brustdrüsengewerbe ist (im Gegensatz zum Fettgewebe) röntgendicht, deshalb ist eine Mammografie bei jüngeren Frauen nicht sehr aussagekräftig, da Tumore im Regelfall nicht richtig erkannt werden können. Bei Erkrankungen im höheren Alter ist die Aggressivität der Erkrankung meistens weniger ausgeprägt.

Natürlich kann Brustkrebsgefahr aber auch vor dem 50. und nach dem 69. Lebensjahr auftreten.

Obwohl aufgrund der deutlichen geringeren Fallzahlen keine eindeutige Einordnung bei Männern möglich ist, kann festgestellt werden, dass auch bei Männern mit zunehmendem Alter die Inzidenz ansteigt.

Ich habe den Verdacht, an Brustkrebs erkrankt zu sein: Wie geht es weiter?

Aktuell werden, wenn der Frauenarzt eine Veränderung an der Brust tastet, fast 91 Prozent der Frauen in ein zertifiziertes Brustzentrum geschickt und behandelt. Diese Zentren sind interdisziplinär, das heißt, Radiologen, Senologen bzw. Gynäkologen, Onkologen, Strahlentherapeuten und Humangenetiker arbeiten zusammen. Damit besteht eine allumfassende Behandlungsmöglichkeit. In diesen Zentren finden sich auch Psychologen und Sozialarbeiter, außerdem sind dort häufig auch Selbsthilfegruppen verankert.

Zuerst erfolgt im Regelfall eine histologische Sicherung der Brustkrebserkrankung – es wird also nicht direkt operiert, sondern erst die Diagnose gesichert. Die zweite Frage ist dann, welcher Brustkrebs vorliegt, weil die Behandlungen sich sehr stark von der Art des Brustkrebses unterscheiden. Es gibt manche Brustkrebsarten, die mit einer Chemotherapie behandelt werden müssen, gefolgt von einer Operation und Strahlentherapie, bei manchen Brustkrebserkrankungen ist keine Chemotherapie notwendig. Zusätzlich wird eine ausführliche Bildgebung durchgeführt – beispielsweise wird geschaut, ob der Brustkrebs ganz lokal auf der Brust begrenzt ist, oder ob der Brustkrebs metastasiert hat (insbesondere im fortgeschrittenen Stadium). Es erfolgt also eine umfangreiche Diagnostik am Anfang.

Zusätzlich muss bei bestimmten Brustkrebserkrankungen oder familiären Konstellationen geklärt werden, ob es ein erblicher Brustkrebs ist, da diese Betroffenen dann gegebenenfalls etwas anders operativ behandelt werden.

Aufgrund der Komplexität und des individuellen Behandlungskonzeptes macht es grundsätzlich Sinn, Betroffene in zertifizierte Brustzentren zu schicken. 

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass zuerst die Diagnose erfolgt, mit Beantwortung der Frage, ob der Brustkrebs gestreut hat oder nicht. Wenn keine Streuung vorliegt, wird in der Regel eine Operation mit der Patientin oder dem Patienten geplant (gegebenenfalls nach vorheriger Chemotherapie, um beispielsweise den Brustkrebs zu verkleinern), dann erfolgt die operative Therapie mit unterschiedlichen Verfahren (brusterhaltend oder Entfernung der Brustdrüse mit gleichzeitigem Aufbau der Brust), anschließend folgt bei bestimmten Konstellation (z.B. brusterhaltende Therapie, Lymphknotenbefall) eine Strahlentherapie, wobei die Ausgestaltung im Rahmen eines Interdisziplinären Tumorboards mit verschiedenen Fachärzten analysiert wird.

Nach erfolgter Primärbehandlung schließt sich im Regelfall eine Rehabilitation an, wofür die Patientin beziehungsweise der Patient für drei bis sechs Wochen in eine Rehabilitationsklinik geht. Dort geht es darum, die Bewegung des Arms und Brustkörpers maximal wiederherstellen zu können. Außerdem wird die gesunde Lebensweise reflektiert, um das Brustkrebsrisiko zu senken. Anschließend kann die Patientin oder der Patient im Regelfall in den beruflichen Alltag zurückkehren. Bei einem gewissen Teil der Betroffenen findet noch eine weitere medikamentöse Therapie statt. Abhängig von der Krebserkrankung erhalten Patientinnen und Patienten beispielsweise noch für ein Jahr eine Antikörpertherapie als monatliche Infusion, um das Brustkrebsrisiko zu reduzieren. Manche Patientinnen und Patienten müssen beispielsweise eine antihormonelle Therapie in Tablettenform einnehmen, das dann für die Dauer von fünf bis zehn Jahren. Mittlerweile gibt es auch neue, zielgerichtete Medikamente, beispielsweise bei den Patientinnen und Patienten mit erblichem Brust- und Eierstockkrebs, die dann auch für eine gewisse Dauer PARP-Inhibitoren einnehmen müssen, um ihr Brustkrebsrisiko zu senken.

Das heißt: Ein hoher Anteil an Frauen und Männer muss auch nach der operativen Therapie sowie Strahlentherapie und prä- bzw. postoperativen Chemotherapie weiterhin Medikamente nehmen, um ihr beziehungsweise sein Brustkrebsrisiko zu reduzieren – es erfolgt entweder eine Antikörpertherapie, eine zusätzliche Tablettentherapie mit z.B. PARP-Inhibitoren, CDK 4/6-Inhibitoren und/oder eine antihormonelle Therapie, damit eine dauerhafte Heilung von der Brustkrebserkrankung erreicht werden kann.

Wie stehen die Heilungschancen bei einer Brustkrebserkrankung?

Brustkrebs ist überwiegend sehr gut behandelbar. Zum einen, weil es unglaublich viele Medikamente sowie Strahlentherapie und operative Verfahren gibt. Grundsätzlich, sofern keinerlei Metasthasen vorliegen, liegen die Heiligungschancen bei 80 bis 85 Prozent – über alle Stadien. Allerdings sind eine frühzeitige Erkennung, wie beispielsweise im Rahmen des Mammografie-Screenings, und das Vorliegen eines kleinen Brustkrebses, der beispielsweise noch nicht in die Lymphknoten gestreut hat, gute Voraussetzungen – dann liegen durchschnittlich Heilungsraten von 95 bis 98 Prozent vor.

Normalerweise wird Brustkrebs häufig mit „Tod“ und „schlechten Behandlungsmöglichkeiten“ assoziiert. Dies liegt in erster Linie aber daran, dass meistens besonders von schlimmen Schicksalen berichtet wird. Man muss allerdings sagen, dass Brustkrebs eins der bestbehandelbaren Erkrankungen ist, sofern er frühzeitig erkrankt wird. Deshalb ist die erwähnte Früherkennung – insbesondere auch durch die monatliche Abtastung unter der Dusche – wichtig; ebenso der jährliche Gang zum Frauenarzt, um dort die Brust mit den Lymphknoten abtasten zu lassen, das Mammografie-Screening und, bei familiärer Vorbelastung, die Überprüfung der Möglichkeit des Vorliegens eines erblichen Brustkrebses.

Ganz wichtig zu wissen ist ebenfalls, dass es sich bei Brustkrebs nicht um einen Notfall handelt, sondern um eine Krankheit, die – wie beschrieben – sehr individuell behandelt wird. Betroffene sollten sich daher die geplanten Behandlungsschritte genau erklären lassen und im Bedarfsfall ebenfalls eine Zweitmeinung einholen lassen.


Weiterführende Informationen zum Thema Brustkrebs sind unter nachfolgenden Links zu finden:




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